Unsicherheit, psychosozialer Stress? Dafür braucht unser Gehirn deutlich mehr Energie als wenn wir uns geborgen und sicher fühlen. Beispielsweise steigt bei leichtem mentalem Stress der Energiebedarf um 12 %, im Tiefschlaf sinkt er um 44 %. Die Selfish-Brain-Theorie von Peters et al. (2005) beschreibt 2 Strategien unseres Gehirns damit umzugehen:
1. Stresshabituation führt zu einer Unterbelastung des zentralen Energiestoffwechsels. Diese mentale Gewöhnung kann zwar die erlebte Unsicherheit teilweise reduzieren, führt aber zu einer zentralnervösen Hemmung der Insulinproduktion (cerebral insulin suppression CiS) und kann so das Gehirn mit zusätzlicher Glukose versorgen. So reagieren ca. 2/3 der Versuchsteilnehmer*innen, mit einem deutlichen Abfall der Cortisolkonzentration im Blut.
2. Toxischer Stress belastet den zentralen Energiestoffwechsel, die unsicherheit bleibt bestehen, kann aber im besten Fall auch wieder aufgelöst werden.
Um das Gehirn mit ausreichend Energie zu versorgen, hat verfügt das Gehirn über verschiedene Brain-Pull-Mechanismen; die zentrale Insulinsuppression CiS ist die am längsten bekannte:
das Gehirn kann die viscerale Lipolyse und die hepatische Ketogenes aktivieren, die muskuläre Laktatfreisetzung verstärken oder den Herzschlag beschleunigen.
Amygdala und VMH ventromedialer Hypothalamus eagiere auf den kleinsten Abfall des enuronalen Energiegehalts (neuroales ATP) und können so die Insulinkonzentration im Blut senken und die Blutglukosekonzentration erhöhen. VMH-Neuronen aktivieren das sympathische Nervensystem und die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse HPA, und unterdrücken damit die Insulin-Ausschüttung aus dem Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse.
Experimente zum Stress-arousal im Gehirn zeigen, dass die Mandelkerne zahlreiche Neurone des Locus coeruleus aktivieren, die an kortikalen Synapsen Noradrenalin freisetzen. Noradrenalin steigert die Wachheit und damit die Informationsverarbeitung, um so idealerweise Stress und Unsicherheit so schnell wie möglich zu reduzieren. Unser Gehirn hat 3 Möglichkeiten, Unsicherheit zu Stress zu bewältigen:
1. Aktivierung
2. zusätzliche Energie aus dem Körper für die erhöhten Energieanforderderungen der Informationsverarbeitung
3. das Gehirn lernt, welches Verhalten die Unsicherheit am besten und am schnellsten reduziert hat. Wenn das nicht gelingt, kommt es zu Stresshabituation oder zu toxischem Stress.
Im anterioren singulären Cortex ACC wird das Risiko der verschiedenen Verhaltensmöglichkeiten (Wahrscheinlichkeit, Abweichung vom Zielzustand) eingestuft, was die Entscheidungsfindung unter Unsicherheit erleichtert. Wenn alle Verhaltensmöglichkeiten riskant sind, aktiviert der ACC die Mandelkerne -> Aktivierung des Sympathikus -> …
Egel. Heim, Strauss & vo Känel: Psychosomatik. Stuttgart: Kohlhammer, S. 399 ff.