Als Placebos werden in der Medikamentenforschung Scheinmedikamente bezeichnet, die aber – sehr irritierend für die medizinische Forschung – ebenfalls heilen.
Unter Placebo werden verschiedene psychologische Effekte zusammengefasst wie Heilungserwartung, Zuversicht in die Behandlung, die Ärztinnen oder TherapeutInnen sowie die Spontanremession („Zeit heilt Wunden“), also erfreuliche Lebensveränderungen, die unabhängig von einer Therapie sind. Bemerkenswerterweise berichten ca. die Hälfte der PatientInnen bereits vor dem ersten Therapietermin von einer deutlichen Verbesserung ihrer Beschwerden.
Bisher wurden in klinischen Studien häufig ein neues Medikament mit einem Scheinmedikament verglichen; der Placeboeffekt liegt dann über 30 %; besonders ausgeprägt ist der Placeboeffekt bei Schmerzmedikamenten und Antidepressiva. Methodisch bessere Studien hingegen verwenden für die Kontrollgruppe entweder bereits auf dem Markt befindliche Medikamente oder variieren die Dosierung oder Dauer der Medikamentengabe (den Untersuchungsteilnehmenden wird glauben gemacht, dass sie das wirksame Medikament erhalten; tatsächlich erhalten sie es aber erst verzögert oder sie erhalten erst in der zweiten Studienhälfte das Scheinmedikament).
Mit dieser verbesserten Methodik konnte gezeigt werden, dass neue Medikamente kaum besser wirken als die bisher verwendeten, und die Placebo-Wirkung hingegen deutlich grösser als bisher geschätzt, ca. 50 % Besserungen im Vergleich zu einer Wartekontrollgruppe.
Noch besser schneidet das Placebo im Vergleich zu einem Medikament ab, wenn die Patient:innen erwarten können, dass sie ein wirksames Medikament bekommen, weil die Placebo-Gruppe sehr klein ist im Vergleich zu mehreren anderen Testgruppen. Dann wirken die Medikamente nur noch ca. 15-20 % besser als das Placebo.
(Gaab 2023; Kirsch 2016; Weimer et al., 2011. Placebo response. Der Schmerz 3, pp.325-333).