In Anlehnung an die Wirkfaktoren der Psychotherapie von Grawe (z.B. 1992) wurden im Casemanagement betreute Mitarbeitende befragt,
– wie gut sie sich in ihrer Arbeits- und Lebenssituation verstanden gefühlt haben
– ob sie von den CasemanagerInnen bei der Bewältigung ihrer Schwierigkeiten unterstützt wurden und
– ob sie ermuntert wurden, neue Denk- und Verhaltensweisen zu entwicklen.
Zwar korrelieren die einzelnen Fragen teilweise hoch miteinander, aber der Mittelwert der Interkorrelationen beträgt .39, so dass es sinnvoll scheint, diese verschiedenen Facetten der Beratungsqualität weiterhin getrennt zu erfassen.
Insgesamt zeigt sich ein recht positives Bild, das die KlientInnen von ihren CasemanagerInnen haben:
sie fühlen sich auf einer Skala von 0 bis 10 bei einem Durchschnittswert von über 8 gut verstanden, aber bereits hier zeigt sich auch, dass sich über 10 % der KlientInnen nicht oder wenig verstanden fühlen (Werte unter 6), und deshalb auch keine Verbesserungen durch das Casemanagement zu erwarten sind; möglicherweise wäre es in diesen Fällen sinnvoller gewesen, das Casemanagement vorzeitig abzubrechen.
Die Mittelwerte bei der Unterstützung in der Auseinandersetzung mit eigenen Schwierigkeiten sowie den Anregungen zu neuen Denk- und Verhaltensweisen liegen bei durchschnittlich knapp 7 Punkten; damit muss davon ausgegangen werden, dass sich ca. 30 % der KlientInnen vom Casemanagement mehr Kreativität und mehr konkrete Unterstützung erwartet hätten.
Besonders deutlich wird das, wenn zusätzlich die Antworten der 14 UntersuchsteilnehmerInnen einbezogen wird, die nicht am Interview teilgenommen hatten, sondern lediglich einen einseitigen Fragebogen beantwortet und zurück geschickt hatten: bei ihnen erreicht die Einschätzung der Ermunterung zu anderen Denk- und Verhaltensweisen knapp den kritischen Durchschnittswert von 6, so dass davon ausgegangen werden muss, dass sich mindestens die Hälfte dieser Befragten ungenügend beraten gefühlt haben. Auch ihre Arbeitszufriedenheit liegt mit zwei Skalenpunkten und ihre subjektive Arbeitsfähigkeit mit durchschnittlich einem Skalenpunkt unter den Werten der Interviewten.
Frappierend werden hier auch die Geschlechtsunterschiede:
bei der Befragung durch eine Frau wird die Unterstützung durch das CM bei der Bewältigung von Schwierigkeiten und die Anregung zu neuen Denk- und Verhaltensweisen mit Durchschnittswerten zwischen 4 bis 5 auf einer 10-Punkte-Skala als deutlich schlechter eingestuft im Vergleich zu der Befragung durch einen Mann.
Erfreulicherweise gehen – bei allen Unzulänglichkeiten – zwei Drittel aller Antwortenden davon aus, dass sie auch in zwei Jahren ihren Beruf noch ausüben werden.
(Quelle: Nibel & Stadtmann: Zeit heilt Wunden. SPV 2011 (5), pp.92-93).